Liebe

Traumatisierte traumatisieren – Wie unverarbeitete Wunden über Generationen weiterwirken

„Traumatisierte traumatisieren.“ Dieser Satz trifft mehr, als vielen lieb ist. Denn er zeigt: Schmerz verschwindet nicht einfach. Wenn er nicht gefühlt und geheilt wird, lebt er weiter – in Worten, Blicken, Beziehungen und Entscheidungen. Manchmal leise, manchmal laut. Immer spürbar.

Und manchmal ist der Schmerz nicht einmal unserer. Sondern der unserer Eltern. Oder Großeltern. Oder ihrer Eltern. Was nicht geheilt wurde, wird weitergegeben. Nicht als böse Absicht, sondern als unbewusster Mechanismus. Genau das beschreibt die transgenerationale Weitergabe von Trauma – auch bekannt als transgenerationale Epigenetik.

Was bedeutet „traumatisieren“ wirklich?

Traumatisieren heißt nicht zwangsläufig, jemandem absichtlich Schaden zuzufügen. Oft passiert es viel subtiler:

  • durch emotionale Kälte.
  • durch übermäßige Kontrolle.
  • durch überhöhte Erwartungen oder durch ständige Abwertung.
  • durch das Fehlen von Sicherheit, Klarheit und Bindung.

Wie Trauma durch Generationen wirkt

Studien zeigen: Erlebtes Trauma verändert die Biochemie des Körpers –und beeinflusst die Genregulation. Diese epigenetischen Muster können an nachfolgende Generationen weitergegeben werden.

Konkret heißt das: Der Krieg deines Großvaters, die Angst deiner Großmutter, die Hilflosigkeit deiner Urgroßeltern – sie leben in Form von Stressmustern, unbewussten Ängsten oder Verhaltensmustern in dir weiter.

Vielleicht kennst du es:

  • Du hast Angst, die du dir nicht erklären kannst.
  • Du funktionierst, obwohl du erschöpft bist.
  • Du kannst Nähe schwer zulassen – oder brauchst sie übermäßig.

Oft steckt dahinter kein aktuelles Trauma, sondern ein altes, vererbtes.

Wir tragen fremdes Trauma – und halten es für unseres

Viele unserer heutigen Reaktionen sind keine Antworten auf unser Leben – sondern auf das Leben unserer Vorfahren. Wir tragen Ängste, Kontrollmechanismen oder Unsicherheiten, die gar nicht aus unserer eigenen Erfahrung stammen. Und noch krasser: Wir geben sie weiter – an Kinder, Partner, Mitarbeitende.

Die eigentliche Tragik: Wir reflektieren uns selbst – aber nie das System, das uns geformt hat. Unternehmen analysieren Prozesse – aber kaum die dahinterliegenden Dynamiken aus kollektiven Traumata. Und so bleibt Unklarheit – wo eigentlich Klarheit möglich wäre.

Wenn Kontrolle zur Ersatzsicherheit wird

Ein typisches Symptom unverarbeiteten Traumas ist Kontrollverhalten. Wer innerlich keine Sicherheit hat, versucht sie im Außen zu erzwingen: durch Vorschriften, Druck, Kontrolle.

Doch genau dieses Verhalten erzeugt ein Paradox:

  • Kinder, die unter permanenter Kontrolle aufwachsen, entwickeln oft das Gegenteil: Unkontrolliertes Verhalten.
  • Mitarbeitende, die in angstbesetzten Strukturen arbeiten, werden entweder zu Mitläufern – oder zu innerlich gekündigten Rebellen.

Die Folge:

Die einen machen keine Fehler – aus Angst. Die anderen machen ständig Fehler – aus Gleichgültigkeit.

Der eine lebt nur in Kontrolle. Der andere lebt völlig ohne Verantwortungsgefühl.

Und zwischen beiden: Misstrauen, Frustration und eine Kultur, in der Vertrauen gar nicht erst wachsen kann.

Unternehmen spiegeln kollektive Traumadynamiken

Verdrängte kollektive Traumata zeigen sich heute in Wirtschaft und Führungskultur. Perfektionismus, ständige Leistungsbereitschaft, Angst vor Fehlern und fehlende emotionale Intelligenz sind nicht etwa Managementfehler, sondern oft tief verankerte Muster, die aus dem Überlebensmodus unserer Vorfahren stammen.

Gesunde Führung braucht deshalb nicht mehr Tools, sondern mehr Bewusstsein. Für das, was war. Und das, was wirkt – obwohl es nicht mehr gebraucht wird.

Und jetzt? Die Einladung zur Verantwortung

Dieser Artikel ist kein Angriff. Kein Urteil. Sondern eine Einladung:

  • Erkennen Sie, was Sie trägt – bewusst oder unbewusst.
  • Reflektieren Sie: Welche Muster wiederholen sich in Ihrem Leben?
  • Entscheiden Sie sich: Wollen Sie das weitergeben oder beenden?

Denn Trauma ist nicht Ihre Schuld. Und Heilung ist Ihre Verantwortung.

Drei To-Dos, um den Kreislauf zu durchbrechen

  1. Sprechen Sie aus, was lange totgeschwiegen wurde. Auch wenn es unbequem ist.
  2. Erkennen Sie Ihre Trigger. Diese sind der Schlüssel zu Ihrer inneren Wahrheit.
  3. Holen Sie sich Begleitung. Coaching, Therapie, ehrliches Sparring. Niemand heilt allein.

Fazit

Vererbtes Leid bleibt solange unbewusst wirksam, bis es durch Sie bewusst beendet wird. Heilung braucht Mut und Klarheit. Genau darin liegt Ihre Kraft.

Der Satz „Traumatisierte traumatisieren“ kann Ihr Urteil sein. Oder Ihr Wendepunkt. Sie entscheiden.

Herzliche Grüße 

Ihr Daniel Hoch 

PS. Das Leben ist schön.

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