Interview Gregor Gysi und Daniel Hoch

Seit Jahren stehe ich auf der Bühne und habe einige Vorbilder. Gregor Gysi ist in meinen Augen einer der größten Redner Deutschlands. Ich bewundere, wie er Reden aufbaut und schätze seine Persönlichkeit. Ich stand bereits drei Mal mit Gysi auf einer Bühne. Mit der Möglichkeit einer kleinen „Privataudienz“ durfte ich mir einen Lebenstraum erfüllen. Mir ging es in diesem Interview vor allem darum, mich mit dem Menschen Gregor Gysi zu unterhalten und nicht nur mit dem Politiker. Meine Intention war, Fragen zu stellen, die sonst kein anderer stellt. 

 

Welches Buch sollte unbedingt jeder gelesen haben?

Gregor Gysi: Auf jeden Fall „Krieg und Frieden“ von Tolstoj. Und im Anschluss daran das „Manifest der kommunistischen Partei“ von Marx und Engels. Danach sollte man auch die Bibel lesen.  

 

Was war das Beste, das Sie sich für unter 100€ gekauft haben?

Gregor Gysi: Das war definitiv ein Paar Wanderschuhe. Nur mit denen kann ein Mensch richtig gut laufen.

 

Was macht einen exzellenten Redner aus?

Gregor Gysi: In meinen Augen gibt es da drei Grundsätze. Erstens: Ein exzellenter Redner spricht verständlich, das heißt, er verzichtet auf die meisten Fremdwörter. Zweitens: Anstatt abstrakt zu formulieren, erklärt er Dinge mit Beispielen. Und drittens: Ein exzellenter Redner ist ironisch und selbstironisch.

 

Wo passen Sie sich der sozialen Erwünschtheit an?

Gregor Gysi: Das mache ich nur selten. Wenn ich mich anpasse, dann auf privaten Feiern. Da habe ich keine Lust zu streiten und die ganze Stimmung zu verderben.

 

Womit verschwenden Sie Ihre Zeit und was schieben Sie auf?

Gregor Gysi: Bei all den Dingen, die ich tue, bleibt kaum Freizeit und kaum eine Möglichkeit, Zeit überhaupt zu verschwenden. Wenn ich Freizeit habe, dann gehe ich gern wandern, lese, höre Musik und verbringe Zeit am und im Meer. Was ich aufschiebe sind unzählige Bücher, die ich alle noch lesen will.

 

Was waren Ihre größten Reifelektionen?

Gregor Gysi: Das war auf jeden Fall die Arbeit als Rechtsanwalt. Bereits im Alter von 23 Jahren Verantwortung für die Schicksale von Menschen zu tragen, war eine meiner größten Reifelektionen.

 

Was schulden Sie sich selbst?

Gregor Gysi: Der Mensch schuldet sich meistens einen Mangel an Zeit für Menschen, die ihm wichtig sind und für sich selbst.

 

Haben Sie ein anderes und passenderes Wort für „Ruhestand“?

Gregor Gysi: Mir fällt das Wort „Lernchance“ ein. Denn in diesem Lebensabschnitt haben wir immer noch die Möglichkeit zu lernen und vor allem die Zeit, uns Dinge in Ruhe anzusehen.

 

Was wollen Sie als Rentner den ganzen Tag tun?

Gregor Gysi: Für mich ist noch völlig unklar, wann ich so richtig in Rente gehe, deshalb ist das für mich schwer zu beantworten. Auf jeden Fall werde ich dann versuchen, mein Alter und die Zeit einfach zu genießen.

 

Welches Lied soll auf ihrer Beerdigung gespielt werden?

Gregor Gysi: Ganz klar: Aus der 3. Sinfonie von Beethoven den 2. Satz. Meine Asche soll dann übrigens über dem Meer ausgeschüttet und darf sofort vom Wind verteilt werden.

 

Meiner Meinung nach lernen wir am besten durch die Erfahrungen großer Persönlichkeiten und Experten, die wir bewundern. Der kommunikative Austausch mit ihnen über Dinge, die uns beschäftigen, erweitert die persönliche Entwicklung enorm.

Mein Dank gilt Gregor Gysi, dass er sich die Zeit für dieses Interview genommen hat.

 

Alles Gute,

Daniel Hoch